Den Pflichtteil richtig berechnen:

 

Der Pflichtteilsberechtigte (vergleiche meinen Artikel "Wer ist pflichtteilsberechtigt?") hat gegen den Erben einen Anspruch auf Zahlung in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

 

Der Wert des Pflichtteils wird also bestimmt durch:

 

-> die Pflichtteilsquote (vergleiche meinen Artikel "Erbfolge").

 

und

-> den Wert des Nachlasses am Todestag des Erblassers

 

Die Pflichtteilsquote beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, den der Pflichtteilsberechtigte erhalten würde, wenn er nicht enterbt worden wäre.

 

Die Bestimmung des Nachlaßwertes am Todestag des Erblassers erfolgt durch die Aktiva und Passiva, die im Nachlaß vorhanden sind. Es ist also zunächst das positive Vermögen zu ermitteln und zu bewerten. Negatives Vermögen, Schulden und Verbindlichkeiten sind in Abzug zu bringen.

 

Zum Aktivnachlaß gehören zum Beispiel [keine Vollständigkeit der Aufzählung]:

 

- Grundstücke

- Unternehmen oder Beteiligungen an Unternehmen

- persönliche Habe

- Bargeld

- Sammlungen von Wertgegenständen, Pkw(s), Wohnwagen etc.

- Guthaben bei Kreditinstituten nebst Zinsen

- Oder-Konto oder Und-Konto zwischen Erblasser und anderen Personen, jeweils zu 1/2

- Forderungen des Erblassers, auch wenn sie gegen den Erben gerichtet waren

- geldwerte Rechte (zum Beispiel Patente, Marken, Rechte an Namen und Bild)

- Bausparverträge

- Steuererstattungsansprüche für den Veranlagungszeitraum vor dem Todesjahr und das abgelaufene Rumpfsteuerjahr

 

Die oben aufgeführten Rechte dürfen weder bedingt noch unsicher noch zweifelhaft sein
(vgl. § 2313 Abs. 1 BGB).

 

- Lebensversicherungen

gehen in der Regel außerhalb der Erbfolge über, da sie im Todesfall an eine begünstigte Person ausgezahlt werden. Diese können aber im Wege des Pflichtteilsergänzungsanspruches der Erbmasse hinzugerechnet werden.

 

Beim Passivnachlaß unterscheidet man zwischen den sogenannten Erblasserschulden und Erbfallschulden sowie Nachlaßerbenschulden. Nicht alle diese Nachlaßverbindlichkeiten können vom positiven Nachlaß abgezogen werden.

 

Die Erblasserschulden können immer abgezogen werden. Es handelt sich dabei um Schulden, die vom Erblasser herrühren - also solche, die bereits zum Zeitpunkt des Erbfalles in der Person des Erblassers durch gesetzliche, vertragliche oder außervertragliche Verpflichtungen begründet sind, auch wenn die Folgen erst nach dem Erbfall eintreten. Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen (z.B. Miete) sind bis zur frühest möglichen Beendigung des Schuldverhältnisses abziehbar. Kurz gesagt: alle offenen Rechnungen und Schulden des Erblassers sind abziehbar.

 

Die Erbfallschulden sind solche, die aus Anlaß des Erbfalles entstanden sind und den Erben treffen, z.B. Kosten der Beerdigung. Nicht alle Erbfallschulden sind jedoch bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches abziehbar.

 

Abziehbar sind :

 

Kosten der Beerdigung

Trauerkleidung, Kosten für Grabstätte, Grabmal, Leichenschmaus etc.

Kosten des Nachlaßverwalters oder Testamentsvollstreckers

Erbschaftssteuer des Erben

Auskunfts- und Wertermittlungskosten für Nachlaßgegenstände

eine Zugewinnausgleichsforderung (wenn der überlebende Ehegatte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird) (§ 2311 BGB)

Unterhaltsansprüche gegen den Erblasser, die durch den Tod nicht erloschen sind

Kosten eines Sachverständigen für die Wertermittlung von Nachlaßgegenständen

Kosten der Ermittlung der Nachlaßgläubiger

Nießbrauch, Wohnrecht - soweit zum Zeitpunkt des Erbfalls schon bestehend

 

Nicht abziehbar sind:

 

Vermächtnisse und Auflagen (soweit nicht bereits der Erblasser damit belastet war)

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche (soweit nicht bereits der Erblasser damit belastet war)

zukünftige Grabpflegekosten (aber: vergleiche meinen Artikel "Grabpflegekosten")

Erbschaftssteuer des Erben

Steuerberaterkosten des Erben

Anwaltskosten bei Auseinandersetzungen mit dem Pflichtteilsberechtigten

Kosten des Erbscheins

Gerichtskosten für die Testamentseröffnung (nach wohl herrschender Rechtsprechung)

- Kosten der Erbauseinandersetzung unter den Erben

- Kosten der Erbschaftssteuererklärung

- Nachlaßverwaltungs- und Verwertungskosten

- zweifelhafte Schulden, die nicht sicher feststehen (vgl. § 2313 Abs. 2 BGB)

 

Die grundsätzlich nicht abziehbaren Nachlaßerbenschulden sind Verbindlichkeiten, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingeht. Sie entstehen also aus Rechtshandlungen des Erben und führen grundsätzlich zu Eigenschulden, für die der Erbe aus seinem Vermögen haftet wie jeder andere, der eine Verbindlichkeit eingeht (vgl. § 1967 BGB).

 

Über den Pflichtteil hinaus hat der Pflichtteilsberechtigte noch den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch.

 

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet sich aus der Summe der Schenkungen, die der Erblasser innerhalb der letzten 10 Jahre vor seinem Tod vorgenommen hat.

Dabei wird die Schenkung nur noch innerhalb des 1. Jahres vor dem Erbfall vollständig berücksichtigt, in den weiteren Jahren jeweils um 10 % jährlich abgeschmolzen.